Rettung ausgeschlossen. Das zumindest suggeriert der Filmtitel. Ob ihm zu trauen ist, sei an dieser Stelle nicht verraten. Überhaupt ist jedes Wort, das über den inhaltlichen Aspekt hinausgeht, ein Wort zu viel. Denn „No One will Save You“ lebt von der Reduktion, vom Weglassen, von Aussparungen.
Und wesentlich davon, dass der Zuschauer im Vorfeld so wenig wie möglich über die Geschehnisse weiß. Es gilt, sich überraschen zu lassen von einem sehr beredsamen Film – obwohl in der ersten Stunde nicht gesprochen wird.
Das Konzept geht auf und „No One Will Save You“ gehört damit definitiv zu den besten Horrofilmen 2023.
Wo kann man No One Will Save You streamen?
Darum geht es in No One Will Save You
Stille ist das beherrschende Geräusch des Films. Doch es ist keine friedliche Stille, die Brynn Adams (Kaitlyn Dever) umgibt. Die junge Frau hat schlichtweg niemanden, mit dem sie dialogisieren kann. Brynn lebt allein in einem großen Haus, das ein ebenso großes Geheimnis birgt. Dieses liegt in der Vergangenheit, prägt die Gegenwart und strahlt auf zukünftige Ereignisse ab.
Daher gibt es für Brynn kein Entkommen – kein Erwachen aus einem Albtraum, der sich unaufhörlich von außen nach innen frisst. Hinein ins Herz der Finsternis, hinein in ein dunkles Heim, das keine Heimat mehr ist. Erst recht nicht, seitdem Brynn von Außerirdischen belagert wird.
Der Trailer zu No One Will Save You
Kritik zu No One Will Save You
Extraterrestrische Eindringlinge gehören nicht unbedingt zum Portfolio der Produktionsfirma Disney+. Es sei denn, es handelt sich um possierliche Wesen wie E.T. oder weltfremde Einbrecher, die dem allein zu Hause weilenden Kevin ins offene Messer laufen. Hier wie da geht es eher komödiantisch zu. Umso erstaunlicher, dass sich Disney diesmal auf ungewohntes Terrain begibt und eine Melange aus Horror, Thriller und Science-Fiction in Szene setzt.
Ein mutiger Akt, allerdings einer mit angezogener Handbremse. Zwei Schritt vor, einer zurück. Bei einem wirklich couragierten Vorgehen hätte man „No One will Save You“ eine Kinoauswertung ermöglicht. So reicht es „nur“ zu einem Angebot auf der hauseigenen Streaming-Plattform. Was schade ist, denn der Streifen gehört streng genommen auf die große Leinwand.
Die Bilder besitzen Scope-Format, sind sorgsam arrangiert und umkreisen eine sympathische Protagonistin. Diese wird von ihrem Umfeld notorisch gemieden. Selbst im Kreise anderer Menschen bleibt Brynn isoliert, ist sie doch eine Außenseiterin, mit der niemand etwas zu tun haben will. Das Alleinsein wird zur aufgezwungenen Einsamkeit, die selbst den hintersten Winkel von Brynns Wohnhaus besetzt und beinah zum Himmel schreit.
Doch der Schrei verstummt und mündet in ausbleibender Konversation. Mit wem soll man reden, wenn niemand da ist? Mit der Wand? Mit sich selbst? Oder einem imaginären Freund? Letzterer taucht tatsächlich auf, gleichwohl kommt der Freund als Feind daher. Und imaginär scheint er auch nicht zu sein. Ein Alien schleicht durch Brynns Anwesen und trachtet ihr nach dem Leben.
Ab sofort herrscht Panik; ab sofort triumphiert der Terror; ab sofort befinden wir uns im Home-Invasion-Fach. Die Invasion verändert die Paradigmen und lässt die Hauptfigur zur Bewohnerin ihres eigenen Gefängnisses werden. Buch und Regie überführen die Situation in eine beklemmende, bisweilen surreal anmutende Atmosphäre. Als Resultat ergibt sich ein spannendes Stück Genrekino, das inklusive des überraschenden Finales ausgezeichnet unterhält.
Fazit
Wer glaubt, er hätte in Sachen Alien-Invasions-Fantasie schon alles gesehen, sollte sich dieses kleine Wunderwerk auf keinen Fall entgehen lassen. „No One will Save You“ spielt äußerst geschickt auf der Klaviatur menschlicher Urängte.
Nebenbei werden Erwartungshaltungen bedient und gleichzeitig konterkariert. Die Verunsicherung spielt die eigentliche Hauptrolle. Sie ist die Protagonistin eines Schauermärchens, das schicke Neubauten auf dem Fundament der maroden Vergangenheit errichtet.
Wer ein wenig von Architektur versteht, weiß, dass dies böse Überraschungen birgt. In diesem Fall ebenso suggestive wie originelle Überraschungen.